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Heinrich Kapp [*1899]

Geboren am 06.11.1899 in Hechtsheim, gestorben im Jahr 1942 in Auschwitz im Alter von 43 Jahren
Sophie und Heinrich Kapp, Lüneburg, 1925; Privatbesitz Joan Lengel
Sophie und Heinrich Kapp, Lüneburg, ...

Wohnort

Familie Heinrich Kapp (ca 1925-1930)

Vor der Sülze 1
Lüneburg

Wohnort

Produkten- und Fellhändler Hirsch Lengel (1919-1940)

Salzbrückerstraße 64 (69)
21335 Lüneburg

Wohnort

Familie Heinrich Kapp (1931-1933)

Ringstraße 22
Lüneburg

Der Kaufmann Heinrich Kapp wurde 1898 in Hechtsheim im Kreis Mainz geboren. Er wuchs in einer Familie mit mehreren Geschwistern auf. Seine Eltern waren der aus Hechtsheim stammende Vieh- und Milchhändler Leo Kapp und die im badischen Königsbach geborene Nanette Kapp geb. Dreifuss. In Hechtsheim gab es eine kleine jüdische Gemeinde, in der Heinrichs Vater zeitweilig Gemeindevorsteher war. Die Familie Kapp war seit mehreren Generationen in der Gegend ansässig.

1925 kam Heinrich Kapp nach Lüneburg und heiratete dort am 2. August 1925 Sophie Lengel, eine Tochter von Hirsch und Bertha Lengel aus der Salzbrückerstraße. Heinrich Kapp zog zunächst ins Haus der Familie Lengel mit ein. Die beiden bauten sich in der Straße Vor der Sülze, ganz in der Nähe, ein kleines Kurzwaren- und Wäschegeschäft auf. Dort wohnten sie auch von 1927 bis 1930, später dann in der Ringstraße.

1926 wurde ihre Tochter Hanna Josephine geboren, 1928 ihr Sohn Manfred Siegbert. Nach dem Beginn des Nazi-Regimes 1933 gehörten die Kapps zu den ersten jüdischen Familien in Lüneburg, die das Land verließen. Sie zogen nach Frankreich: Zunächst im Herbst 1933 nach Straßburg im Elsass, dann 1934 weiter ins südfranzösische Toulouse. Es war sehr schwer, sich dort als deutsche Emigranten eine Existenz aufzubauen, zumal mit einem nicht gesicherten Aufenthaltsstatus.

Im Zweiten Weltkrieg gehörte Toulouse zwar zur "Freien Zone", d.h. war nicht direkt von den Deutschen besetzt. Aber das französische Vichy-Regime, das mit den Deutschen eng zusammenarbeitete, erhöhte gemeinsam mit der Gestapo nach und nach auch den Druck auf den Süden Frankreichs. Antisemitische Schikanen und Verfolgung nahmen zu, Razzien waren an der Tagesordnung. Als der Krieg 1940 nach Frankreich kam, meldete sich Heinrich Kapp zur französischen Armee und hoffte, so einer Internierung als "feindlicher Ausländer" zu entgehen. Leider ohne Erfolg: Nach Ende seiner Armeezeit wurde er im Herbst 1941 im Lager Récébédou bei Toulouse interniert.

Anfang 1942 wurden auch Manfreds Frau Sophie und die beiden Kinder in dieses Lager verschleppt. Während die drei nach einigen Monaten wieder entlassen wurden, musste Heinrich Kapp im Lager bleiben. Von Récébédou brachte man ihn ins Lager Le Vernet. Im August 1942 wurde er von dort zusammen mit rund 750 anderen Internierten ins Durchgangslager Drancy und am 25. September 1942 in einem noch größeren Transport weiter nach Auschwitz deportiert.

Heinrich Kapp (auf französischen Listen manchmal „Henri Karp") wurde in Auschwitz vermutlich kurz der Ankunft ermordet.

Heute erinnern vier Stolpersteine am Ort des ehemaligen Wohn- und Arbeitsortes der Familie Vor der Sülze an Heinrich Kapp und seine Familie.



Quellen und Infos:

Zur jüdischen Geschichte in Hechtsheim: https://www.alemannia-judaica.de/hechtsheim_synagoge.htm

Zur Familie Kapp in Hechtsheim: https://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20356/Hechtsheimer%20Stolpersteine%20P01.pdf

Zum Lager Récébédou (mit weiterführenden Links zu französischen Websites): https://www.gedenkorte-europa.eu/content/list/374/

Zum Transport von Drancy nach Auschwitz, 25.09.1942: https://collections.yadvashem.org/de/deportations/5092610

„Henri Karp“ auf der Deportationsliste von Drancy nach Auschwitz (Häftlinge aus Le Vernet): https://collections.arolsen-archives.org/en/search/topic/1-1-9-1_1430000?s=drancy%20auschwitz

Yad Vashem, „Page of Testimony“ für Heinrich Kapp: https://collections.yadvashem.org/en/names/691568